Übungsfimen bereitet Schüler auf Wirtschaftsleben vor
PFORZHEIM.
„Fast wie im wirklichen Wirtschaftsleben“, so Bürgermeister Alexander Uhlig, ging es bei der mittlerweile 3. Übungsfirmenmesse im CongressCentrum zu. Aber eben nur fast, denn wo wird der Kunde
schon während des zeitaufwendigen Bestellvorgangs mit einer frisch gebackenen Waffel verwöhnt oder kann das Wellnessprogramm eines Hotels schon vor der Reservierung hautnah gespürt werden?
Auf welcher Messe erscheinen die Aussteller erst eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn, um einen Messestand zu errichten, an dem das geschäftliche Treiben auf die Minute genau starten kann? „Komplexe soziologische Abläufe realer Prozesse in Projektmanagement und Zeitplanung“, versucht Oberstudiendirektor Rolf Becker darüber aufzuklären, was die ‘Jungunternehmer' der Ludwig-Erhard-Schule auf die Beine gestellt haben. Unter der Federführung der Juniorenfirma „Local-EXPO-Services“, einem von Schülern eigenständig betriebenen und real am Markt operierenden Messebüro, zeigten sich die 60 ausstellenden Übungsfirmen des Regierungsbezirkes Karlsruhe von ihrer besten Seite.
Im CCP zeigen 44 Schülerfirmen, was sie können
PFORZHEIM.
Mehr als 2000 Besucher haben sich am Dienstag bei einer Messe im CongressCentrum ein Bild von der Kreativität, dem Verhandlungsgeschick und dem Engagement von 44 Schülerfirmen aus dem
Land gemacht.
Gemütlich auf einem Sofa hat es sich Irina Merz von der „Set GmbH“, der kaufmännischen Schule in Sulz, gemacht. „Ich darf das in einer Pause, denn wir vertreiben Sitzecken und Sofas“, sagt sie und lacht.
„Wer Durst hat, kommt zu uns“, betont Jennifer Figuereido von der Fritz-Erler-Schule, deren Übungsfirma „Eternal“ Getränke wie Mineralwasser, Apfelschorle oder Cola-Mix vertreibt. „Das ist allemal gesünder als Alkohol“, meint sie.
Neben der Fritz-Erler-Schule hat nur noch die Ludwig-Erhard-Schule den Pforzheimer Heimvorteil. Schülerin Tamara Kachel erklärt, „dass wir immer wissen, was die Stunde geschlagen hat“, denn ihre Übungsfirma vertreibe Uhren. Und wie läuft das Geschäft? „Gute Zeiten, gute Uhren, gute Übungsfirmen“, erklärt sie.
Die Georg-Kerschensteiner-Schule aus Mühlacker vertreibt Sportartikel nicht zuletzt deshalb, weil Schülerin Martina Stelzenmüller eine begeisterte Faustball-Spielerin ist.
Mit schwungvollen Klängen sorgte die Schulband der Ludwig-Erhard-Schule für die musikalische Umrahmung dieser Leistungsschau, zu deren Sponsoren auch die PZ gehörte. Die Juniorenfirma der Schule, die „Local-EXPI-Services“, hatte die Messe organisiert (die PZ berichtete).
Oberbürgermeister Gert Hager bedauerte es, dass es zu seiner Schulzeit noch keine Übungsfirmen gegeben habe, „sonst wäre ich dabei gewesen“, sagte er. Hager sah eine Chance darin, dass sich Schüler auch den wirtschaftlichen Fragen des Lebens stellen, wobei bloße Theorie niemals die Praxis ersetzen könne. Das große Engagement der Schulen würdigte der Oberbürgermeister mit den Worten: „Machen Sie weiter so.“
Schulpräsident Werner Schnatterbeck vom Regierungspräsidium Karlsruhe bezeichnete diese Übungsmesse als Beispiel dafür, wie erfolgreich Schüler im praktischen Tun sein könnten, wobei sie auch Fragen des Geschäftslebens in handelnder Art und Weise beantworteten. Er sei überrascht von der Dimension dieser zweiten Übungsfirmen-Messe in Pforzheim, die er auch deswegen gerne unterstütze, „weil ich bei der ersten Veranstaltung dieser Art nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch begriffen habe, welches Potenzial in ihr steckt“, sagte er.
Ähnlich drückte sich „der Vater“ dieser Veranstaltung, Rolf Becker, Leiter der Ludwig-Erhard-Schule aus: „Ich bin richtig stolz auf mein Kind und alle verantwortlichen Helfer, die ihm das Laufen beigebracht haben.“ Handlungsorientiertes Lernen in Übungsfirmen sei ein wichtiger Bestandteil vieler kaufmännischer Schulen in Baden-Württemberg. Es gehe darum, über die Fächerstrukturen hinaus ganzheitliches Lernen und systematisches Denken zu fördern. Geschäftsideen, Unternehmensrecht, Finanzierung, Personalführung – dies alles seien Bausteine des Business-Modells „Übungsfirma“.
Die gesamte Vielfalt an Ideen, an Kreativität, gebündelt an einem Ort im Rahmen einer Messe zusammenzuführen, die Möglichkeit des Ideen- und Erfahrungsaustausches zu bieten, sei eine glänzende Idee und für die Schüler ein tolles Erlebnis. Besonders freute er sich über den Besuch von Prorektor Roland Reichenbach und seiner Kollegen von der Partnerschule aus der Schweiz, der Business School Zürich. Auch die IHK Nordschwarzwald und die Agentur für Arbeit, die mit Ständen vertreten seien, „sind ein wichtiger Bestandteil dieser Leistungsschau, in der Engagement, Kreativität, Ideenreichtum und Handlungskompetenz unserer Schüler in den Übungsfirmen zum Ausdruck kommen.“ Mit viel Liebe hätten die Schüler ihre Messestände aufgebaut und erfahren, was Verhandlungsführung bedeutet.
„Es sind wichtige Qualifikationselemente, die in der Messe glänzend dokumentiert und präsentiert werden“, sagte Becker und ließ die Klasse, die das Messebüro betreibt und für die es eine große Herausforderung und spannende Aufgabe gewesen sei, sich in das Gebiet des Messe- und Eventmanagements einzuarbeiten, auf die Bühne kommen. Der aufbrausende Applaus für die Schüler der BK 1 A und ihren betreuenden Lehrkräften sprach eine deutliche Sprache. Bei so viel zauberhaften Momenten durfte nicht die Magie von Thorsten Strotmann fehlen, der die Besucher im Rahmenprogramm bestens unterhielt. Zu den Workshops zählten die Themen „Chance Unternehmenssimulator“ mit Volkswirt Michael Geisler aus Freiburg oder „Der Einsatz der integrierten Unternehmenssoftware MS-Navision in Lernfirmen“ mit Gerd Häuber von der Ludwig-Erhard-Schule. Aber auch ein „Handbuch für Übungsfirmen“ und das Thema „Selbstständigkeit in Deutschland“ gab es. Fazit: Bei dieser Messe haben Schüler Projektmanagement und Zeitplanung bewiesen und dabei viel Spaß gehabt.